Die Fotografin Billy Bana ist eine moderne Nomadin, ein rastloser Freigeist. In einem anderen Leben war sie Biljana Banadinović, die als Gastarbeiterkind in Wien aufwuchs. Aber mit dieser Identität und ihrer Familie hat sie früh gebrochen und von da an immer wieder alles und jeden hinter sich gelassen. Sogar ihren Bruder, dabei waren sie als Kinder unzertrennlich. Die einzige Konstante in ihrem Leben ist Ira Goldfarb, die Vertraute, Mentorin und Geliebte zugleich ist. Als Billy die Nachricht vom Tod ihres Vaters erreicht, holt die Vergangenheit sie wieder ein, kommen verdrängte Fragen und alte Schuldgefühle zurück. Allen voran: Wie konnte ihr Bruder bloß spurlos verschwinden? Und was für ein Leben hatten ihre Eltern sich erträumt, als sie Jugoslawien verließen?
In ihrem Lyrikdebüt protokolle der gegenwart bewegt Sandra Gugić sich entlang der Oberflächen und Tiefenströmungen der Gegenwartssprache: auf verschiedenen ebenen kombinierbare aneignungspraktik / von geschichte. Gugić greift in die Struktur der Sprache ein, transformiert, seziert und sampelt Wortmaterial. Wenn der Wortstrom ins Stocken gerät, bricht die Oberfläche zu Wortketten auf, die in die Tiefenstruktur vordringen: logik lüge libido, naming shaming blaming.
Darko und Zeno, das Mädchen Mara, der Taxifahrer und heimliche Schriftsteller Alen, sein Freund, der Polizist Niko, und der Kleinkriminelle Alex, ein Sohn aus gutem Haus, der von seiner Drogensucht loszukommen versucht. Sechs unterschiedliche Stimmen erzählen, ihre Wege überschneiden sich, sie treffen Maßnahmen gegen die Kälte der Welt. Jeder Einzelne behauptet sein Recht auf ein eigenes Leben, alle zusammen aber entwerfen ein Bild unserer gefährdeten Zusammengehörigkeit.